Geschäftsfähigkeit und Vertrag
Für einen gültigen Vertrag sind die „Fähigkeiten der Personen“ zu beachten. Wichtig sind zudem die Einigung über den wesentlichen Vertragsinhalt, die „wahre“ Einwilligung (frei, ernstlich, bestimmt und verständlich) sowie die Möglichkeit und Erlaubtheit.
Geschäftsfähigkeit
Die Geschäftsfähigkeit ist die „Fähigkeit einer Person, sich durch eigenes Handeln rechtsgeschäftlich zu berechtigen und zu verpflichten“ (§ 865 Abs 1 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, im Folgenden kurz „ABGB“). Die hierfür notwendige Entscheidungsfähigkeit wird bei Volljährigen (ab 18 Jahren) vermutet. Bei Minderjährigen bestehen Sonderbestimmungen zur Handlungsfähigkeit, insbesondere für die Verwaltung eigenen Einkommens sowie für alterstypische Geschäfte, die geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens betreffen. Sogar Personen ab 18 Jahren mit einer psychischen Erkrankung sollen möglichst selbstständig und selbst agieren können (§ 239 Abs 1 ABGB).
Immobilienverträge
Üblicherweise sind Immobilienverträge Angelegenheiten von besonders großer Reichweite und können hierdurch langfristige und einschneidende Veränderungen erfolgen. Besonders ist, dass Immobilienverträge auch mündlich abgeschlossen werden können und schon mündliche Zusagen (z.B. Vereinbarung eines Kaufpreises) bindend sind. Es ist jeweils eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen und zu fragen, ob die Tragweite des konkreten Rechtsgeschäfts beurteilt werden konnte und ob die Wünsche und Vorstellungen zum Ausdruck gebracht werden konnten. Die Bedeutung und Tragweite des Vertragsabschlusses muss von der handelnden Person überblickt werden können. Ein von einem Geschäftsunfähigen abgeschlossenes Geschäft ist absolut nichtig und nicht genehmigungsfähig (6 Ob 234/22p mit Verweis auf 5 Ob 239/20p).
Schutz von geschäftsunfähigen Personen
Geschäftsunfähige Personen stehen unter dem besonderen Schutz der Gesetze (6 Ob 234/22p mit Verweis auf 7 Ob 167/21s). Der „gute Glaube“ an die scheinbare Geschäftsfähigkeit des Vertragspartners wird durch das Gesetz nicht geschützt, sodass besondere Vorsicht geboten ist! Speziell bei Bedenken zur Geschäftsfähigkeit ist die Einholung einer ärztlichen Stellungnahme, optimalerweise von einem Facharzt für Psychiatrie, zu empfehlen. Aus anwaltlicher Sicht sollten die konkreten Umstände des Einzelfalls detailliert dokumentiert werden. Selbst bei Vorliegen einer ärztlichen Bestätigung der Urteils- und Einsichtsfähigkeit kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Person nachträglich dennoch als geschäftsunfähig beurteilt wird. Hierbei ist im Rahmen der Beurteilung der konkreten Umstände auch darauf Rücksicht zu nehmen, ob ein Geschäft mit Dritten in gleicher Weise abgeschlossen worden wäre („fremdüblich“) oder ob eine Vertragsseite einseitig bevorzugt wird. Zusammenfassend sollten daher bei Immobilientransaktionen (und bei anderen Verträgen) die konkreten Umstände und Gespräche vor Vertragsabschluss dokumentiert werden und zur Absicherung eine medizinische Beurteilung eingeholt werden.









