Schenkungsanrechnung beim Erbe
Schenkungsanrechnung beim Erbe
Rechtliche Beratung im Vorfeld ist empfehlenswert.
Bei der Anrechnung auf den Erbteil gilt der Grundsatz, dass Schenkungen des Erblassers (Geschenkgeber) zu Lebzeiten nur dann berücksichtigt werden, wenn dies vom Geschenkgeber letzt-
willig angeordnet oder zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer vereinbart wurde.
Ausnahme
Von diesem Grundsatz gibt es jedoch eine Ausnahme: Bei der gesetzlichen Erbfolge unter Kindern werden Schenkungen auf Verlangen eines erbberechtigten Kindes angerechnet, es sei denn, die Anrechnung wurde erlassen oder die Schenkung erfolgte aus Einkünften ohne Schmälerung des Stammvermögens (§ 753 ABGB).
Wenn es also kein Testament gibt und demgemäß die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung kommt, erfolgt die Anrechnung auf den Erbteil sohin nicht nur dann, wenn eine Anrechnungsvereinbarung oder Anrechnungsanordnung vorliegt, sondern automatisch immer, wenn sie von einem Kind im Verlassenschafts-
verfahren verlangt wird. Sie erfolgt nur dann nicht, wenn die Anrechnung vom Geschenkgeber erlassen wurde. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der hypothetische Wille des Erblassers jener ist, jedem seiner Kinder gleich viel zukommen zu lassen.
Erlass
Der Erlass der Schenkungsanrechnung kann einseitig, bspw. durch Testament erfolgen oder aber auch zweiseitig, d.h. durch Vereinbarung zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer, wobei dies schriftlich erfolgen muss.
Verlangen eines Kindes
Die Anrechnung findet nur auf Verlangen eines Kindes statt. Dabei ist so vorzugehen, dass zunächst die anzurechnende Schenkung der Verlassenschaft hinzuzurechnen ist. Sodann sind auf dieser Basis die Erbteile zu ermitteln. Schließlich ist die anzurechnende Schenkung vom Erbteil des Erben, welcher die Schenkung erhalten hat, abzuziehen. Die Umverteilung findet nur mit den Mitteln der Verlassenschaft statt, der Erbe, der die Schenkung erhalten hat, ist nicht zur Herausgabe seines Geschenkes verpflichtet.
Uneinigkeit – streitiger Rechtsweg
In einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung (Geschäftszahl: 2 Ob 100/22 b) hat sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage auseinandergesetzt, ob Differenzen zwischen den Kindern über die Frage der Anrechnung auf den Erbteil im Verlassenschaftsverfahren oder aber im streitigen Rechtsweg zu entscheiden sind. Der Oberste Gerichtshof ist in der genannten Entscheidung zu der Auffassung gelangt, dass über die Berechtigung der von einem Kind nach § 753 ABGB verlangten Anrechnung von Schenkungen auf den gesetzlichen Erbteil nicht im Verlassenschaftsverfahren abzusprechen sei. Wenn es Differenzen über die Frage der Anrechnung auf den Erbteil gibt, stehen diese einer Einantwortung des Nachlasses an die erbantritts-erklärten Erben nicht entgegen, vielmehr sind diese Differenzen auf dem streitigen Rechtsweg vor dem zuständigen Gericht zu klären.









